Panorama-Aufnahmen auf dem Tablet nutzen

Die Science-Fiction-Helden von Star Trek kennt fast jeder. In ihrem Holodeck erschaffen sie virtuelle Welten und bewegen sich mitten in ihnen. Mit 360-Grad-Panorama-Aufnahmen lassen sich ähnliche Effekte erzielen. Diese bringen Forscher jetzt via App auf unsere Tablets. Im Vordergrund steht individuelle Kameraführung und Bildregie.

Fraunhofer HHI OmniCam System
Das Fraunhofer HHI zeigt auf der CeBIT eine App, mit der Nutzer auf einem Tablet in Panorama-Aufnahmen navigieren können.
© Fraunhofer HHI
Videopanoramas rücken den Betrachter mitten ins Geschehen. »Bereits bei Aufnahmen, die 180 Grad umfassen, fühlt man sich als Teil der Szenerie«, schwärmt Forscher Christian Weißig vom Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut, HHI in Berlin. Lange Jahre gibt es die Technologie bereits. Der Zenit schien bereits überschritten.
Spätestens als das erste deutsche IMAX-Kino in München 2010 schloss und die 3D-Technologie das Gefühl übernahm, mitten im Geschehen zu sein. »Zu teuer, nicht wirtschaftlich« hieß das schlichte Urteil über die Technologie, die auch Pate für das Holodeck in Star Trek stand. Dank der Forschungsarbeit von Weißig und seinem Team könnten Panorama-Aufnahmen schon bald dort auftauchen, wo wir sie kaum vermuten würden: auf den Bildschirmen von Smart-TVs, Smartphones und Tablets. Als hochauflösende Ausschnitte von Panoramabildern, die der Nutzer selbst auswählen und navigieren kann. »Ultra-HD-Zoom« ist ein Prototyp, der das ermöglicht. Die Forscher stellen die App für Tablets auf der Computermesse CeBIT, vom 16.
bis 20. März, in Hannover vor (Halle 8, Stand E40).

Videopanoramas setzen sich aus den Aufnahmen mehrerer hochauflösender Kameras zusammen. Beim OmniCam-System des HHI sind es beispielsweise 10 HD-Kameras. Die Technologie ist in der Lage, in Echtzeit 360-Grad- Panorama-Bilder zu schießen. Das machte die Technologie erstmals interessant für Liveveranstaltungen. Mit der OmniCam zeichneten die Forscher im letzten Jahr beispielsweise das Finale der Fußball- Weltmeisterschaft zwischen Deutschland und Argentinien in Rio de Janeiro oder das Konzert der Berliner Philharmoniker zum 25. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer auf. Die Aufnahmen haben eine Auflösung von 2000 x 10 000 Bildpunkten. »Leider hat keiner von uns ein Panorama-Kino zuhause. Und die Endgeräte in unseren Wohnzimmern und Taschen können diese Datenmenge nicht verarbeiten«, erklärt Weißig.

Der Zuschauer als Kameramann
Einzelne Ausschnitte des Panoramas lassen sich aber übertragen. Dafür reichen die aktuell verfügbaren LTE-Netze aus. »Wir haben das Panorama in eine feste Anzahl von Segmenten aufgeteilt. Diese stehen gleichzeitig jedem Nutzer zur Verfügung. Die App wählt dann die Segmente aus, die für den gewünschten Ausschnitt nötig sind«, sagt Weißig. Mit diesem Ansatz ist es technisch möglich, dass eine sehr große Anzahl von Menschen nun gleichzeitig ein Panoramabild nutzen kann. Zwar nicht mit der vollen Auflösung des Panoramas, aber mit individuellen Ausschnitten in der Auflösung des jeweiligen Endgeräts. »Das ist ein weiterer Schritt Richtung personalisiertem Fernsehen: Am ‚Second Screen‘ wird der Nutzer selbst zum Kameramann oder übernimmt die Bildregie – zum Beispiel, indem er in das ausgewählte Segment hineinzoomt. Bisher sind lediglich Apps auf dem Markt, die eine Auswahl verschiedener, statischer Kameraeinstellungen anbieten oder ein gesamtes Panorama in HD-Auflösung übertragen«, so Weißig.

Auch Inhalteanbieter oder TV-Sender profitieren. Sie könnten die neuen Möglichkeiten selbst als Dienstleistung anbieten. »Wir arbeiten bereits mit Partnern zusammen, die die Technologie einsetzen wollen, um zum Beispiel Live-Konzerte besser zu vermarkten«, sagt Weißig. Die Investitionskosten für Panorama-Aufnahmen sind nach wie vor hoch. Aber jetzt können sie auf eine große Anzahl von Nutzern aufgeteilt werden. Über den Preis der App, der sich für jeden einzelnen im Rahmen hält. Noch im Laufe des Jahres soll die Technologie als Produkt erhältlich sein. »Bis dahin feilen wir noch an schnelleren Übertragungsgeschwindigkeiten«, so Weißig.

Doch fehlen nach wie vor nicht die Inhalte? Sind Panoramaaufnahmen nicht trotzdem nach wie vor zu teuer? »Der Trend geht eindeutig zu den sehr hohen Auflösungen. Ich denke da an die neuen 4K-TV-Modelle oder auch an die 8K-Offensive des japanischen Fernsehsenders NHK. Und auch bei den Panorama-Technologien tut sich gerade wieder einiges. Es wird zukünftig mehr entsprechende Endgeräte und Inhalte geben. Die App ‚Ultra-HD-Zoom‘ ist eine erste konkrete Anwendung, die wohl in Kürze zur Verfügung steht.
Sie kann einen Weg zeigen, wo die Reise zukünftig für die Panorama- Technologie hingeht«, sagt Weißig.

Am Messestand auf der CeBIT haben die Forscher das komplette Szenario aufgebaut: Der Besucher kann sich über die App eine bestimmte Kameraeinstellung von aufgezeichneten Liveaufnahmen aussuchen. Sie werden auf der rechten Displayseite angezeigt, während rechts das Übersichtsbild zu sehen ist. Wählt der Besucher eine der OmniCam-Kameras aus, kann er selbst in den Inhalten navigieren.

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